2020
Coburg
Sanierung eines historischen Tee-Panoramawaggons erfordert leistungsstarken Korrosionsschutz
Ein historischer Panoramawaggon soll auf dem neu gestalteten Areal des ehemaligen Güterbahnhofs in Coburg einen zentralen Platz erhalten. Die Sanierung der stark beschädigten Stahlhülle des Waggons erforderte eine leistungsfähige Lösung zum Schutz vor Korrosion. Dank eines optimal aufeinander abgestimmten Beschichtungssystems der Sika Deutschland GmbH und der professionellen Verarbeitung der Fima Korrosionsschutztechnik Buch GmbH glänzt das ehemalige Flaggschiff der Deutschen Bundesbahn nun in neuem Lack.
Insgesamt nur fünf Waggons im Stil der US-amerikanischen Domecars verkehrten ab 1963 als Teil des Trans Europ Express (TEE) Rheinpfeil und TEE Rheingold zwischen Dortmund und München beziehungsweise zwischen Hoek van Holland (Niederlande) und Basel sowie Bern (Schweiz). Mit ihrem großen Panoramadeck samt Klimaanlage, Küche und Bar verfügten die damals sehr beliebten Aussichtswaggons über zahlreiche Besonderheiten und Annehmlichkeiten. Mitte der 70er Jahre trennte sich die DB von den kostenintensiven Aussichtswaggons mit den Nummern 10551 bis 10555. „Die Wagen gingen zunächst an das Unternehmen Apfelpfeil, später gingen die Wagen an die Mittelthurgau Bahn in der Schweiz und nach Schweden“, erzählt Wolfgang Ihrlich, stellvertretender Direktor des DB Museums.
Jenen Waggon mit der Nummer 10555 aus Schweden übernahm 2006 die Deutsche Bahn Stiftung, Träger des Museums der DB AG, und stellte ihn 2018 der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Coburg mbH (Wifög) als Leihgabe zur Verfügung. In Vestestadt entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs und Schlachthofs ein Bereich für Kultur, Wissenschaft, Dienstleistung und Gewerbe. „Für das Areal waren wir auf der Suche nach einem alten Güterwaggon, aber von denen sind nur noch wenige auf dem Markt. Zufällig entdeckten mein Kollege vom Stadtplanungsamt, Joachim Träger, und ich dann auf der Außenstelle des DB Museums in Lichtenfels diesen Panoramawaggon“, berichtet Rolf Krebs, Projektmanager bei der für die Umsetzung der Sanierung verantwortlichen Wifög Coburg.
Vom Panoramawaggon zum schrottreifen Stahlwaggon
Auf dem Schienenweg zwischen zwei Loks wurde der Waggon von Lichtenfels nach Coburg transportiert und dort über Kräne auf das Gelände gehoben. „Der Waggon befand sich in einem absolut desolaten Zustand“, berichtet Jochen Schäfer, Geschäftsführer der Korrosionsschutztechnik Buch GmbH, die für die Oberflächenvorbereitung und Applikation der Beschichtungsstoffe beauftragt wurde. Der Einfluss mechanischer und thermischer Belastungen wie Kälte, Hitze, Feuchtigkeit und Wassereinfluss durch Regen, aber auch Vandalismus beschädigte die Sitzpolster und Holzvertäfelungen im Innenbereich. Zudem war die Elektronik defekt und veraltet. Der ohnehin durch die Jahre beschädigten Außenhülle setzte darüber hinaus eine luftundurchlässige Folie zu, mit der der Waggon in Schweden zu Werbezwecken vollständig abgeklebt gewesen war. „Aufgrund der sich darunter ansammelnden Feuchtigkeit hatten sich großflächige Korrosionsschäden gebildet. Und auch die Entfernung der Folie beschädigte den Stahl nochmals schwer“, berichtet Jochen Schäfer.
Oberflächenvorbereitung: Reinigung der Stahlfläche
Ziel der Sanierung war die möglichst detailgetreue Aufbereitung des historischen Waggons. Um eine langfristige Funktionsfähigkeit des zu applizierenden Beschichtungssystems zu gewährleisten, galt es im Vorfeld, die Stahloberfläche vorzubereiten. Drei Wochen dauerten dabei allein die Arbeiten an dem Waggon. In einem ersten Arbeitsschritt wurden hierfür circa 150 qm Stahlfläche, mit Aussparung der Fensterflächen, mittels Strahlen vorbereitet. Gemäß Reinheitsgrad SA 2 ½ nach DIN EN ISO 12944-4 wurden mit grobem Korn 1-2 mm, haftungsmindernde und korrosionsfördernde Verunreinigungen entfernt, damit die Oberfläche frei von Öl, Fett und Schmutz war. Hierbei kamen über die gesamte Fläche Durchrostungen zum Vorschein, die durch eine örtliche Schlosserei instandgesetzt wurden. Der Waggon war dazu in einer wasser- und staubfreien, halboffenen Einhausung untergebracht. „In einem zweiten Arbeitsgang haben wir den Waggon dann gesweept, um den Flugrost, der sich in der Umgebung gebildet hatte, und die Fette, mit denen der Schweißer gearbeitet hatte, zu beseitigen“, berichtet Jochen Schäfer.
Optimal aufeinander abgestimmtes Korrosionsschutzsystem
Die anschließende Beschichtung des Waggons erfolgte im Airlessverfahren in mehreren Arbeitsgängen: Für die Grundbeschichtung setzte das Team von Jochen Schäfer SikaCor Zinc R nach Blatt 87 ein, eine 2-komponentige, hochpigmentierte, zinkstaubreiche Grundbeschichtung auf Epoxidharzbasis für Stahl. „SikaCor Zinc R bietet durch das metallische Zink einen sehr guten, aktiven Korrosionsschutz sowohl im atmosphärischen als auch im Unterwasserbereich. Mit dieser Art von Beschichtungsstoff kann im richtig gewählten System eine Schutzdauer von 25 Jahren und mehr erreicht werden“, berichtet Gerhard Reimann, Fachberatung und Verkauf bei Sika. Um die Gesamtschichtdicke und damit die Diffusionsbarriere für angreifende Stoffe weiter zu erhöhen, folgte die 2-K schnellhärtende, lösemittelarme und eisenglimmerhaltige Zwischenbeschichtung SikaCor EG-1 im Farbton DB 702. Durch den hohen Eisenglimmergehalt in der Beschichtung wird der Diffusionsweg zum Stahl durch die blättchenförmigen, meist horizontal orientierten Füllstoffe für Wasser, Sauerstoff und Elektrolyte deutlich erschwert. Als letzte Schicht applizierte das Team der Buch Korrosionsschutztechnik die farbgebende Deckbeschichtung SikaCor EG-5 in den Farbtönen RAL 9006, RAL 1001, RAL 3003 und RAL 9005. Diese 2-K Acryl-Polyurethan Deckbeschichtung trägt durch ihre perfekt abgestimmte Füllstoffpackung noch einmal wesentlich zum Korrosionsschutz bei. Des Weiteren bewahrt sie die Grund- und Zwischenbeschichtungen vor Witterungseinflüssen und mechanischen Verletzungen. „Mit den Produktsystemen von Sika arbeiten wir seit vielen Jahren. Grundierung und Beschichtung des SikaCor EG-Systems sind optimal aufeinander abgestimmt, lassen sich hervorragend verarbeiten und sind sehr witterungsbeständig“, sagt Jochen Schäfer.
Neuer Glanz dank Kooperation
Bewährte und leistungsstarke Produkte sind neben der Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten, bei der zusätzlich zu den ansässigen Akteuren auch Sammler mit Originalrequisiten unterstützen, Voraussetzung für die erfolgreiche Sanierung eines Projektes wie dem historischen TEE-Panoramawaggon. Immerhin rund 150.000 Euro werden für die Instandsetzung veranschlagt. Auf die Schiene wird der einstige Luxuswaggon aus Kostengründen jedoch nicht mehr gebracht. Nach Abschluss aller Sanierungsarbeiten an der Außenfläche wie auch im Inneren soll der Panoramawaggon seinen festen Platz auf dem Areal in Coburg finden und für kleinere kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge oder Versammlungen und Besprechungen genutzt werden.
Bautafel
OBJEKT
Panoramawaggon Coburg
SANIERUNGSZEITRAUM
Herbst 2019 bis Sommer 2020
EIGENTÜMER
Deutsche Bahn Stiftung gGmbH in Berlin
SANIERUNGSUMSETZUNG
Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Coburg mbH in Coburg
VERARBEITER
Korrosionsschutztechnik Buch GmbH in Neustadt an der Donau